Pflegende Angehörige finden Anlaufstellen in der Stadt
Wer Erfahrung mit häuslicher Pflege macht, dem hilft es, an bestimmten Punkten auch neue Wege aufgezeigt zu bekommen. Doch wohin können pflegende Angehörige sich wenden? Und gibt es etwas, das in dieser herausfordernden Lebenssituation auch von Mensch zu Mensch verbindet?
Hilfe durch Information und Selbstfürsorge
Pflegebegleitende informieren über entlastende Angebote und vermitteln Kontakt zu Stellen, die praktisch wie finanziell unterstützen. Und sie helfen Pflegenden, wieder eigene Bedürfnisse wahrzunehmen, für sich selbst Sorge zu tragen, „um überhaupt Kraft aufbringen zu können und um psychisch und physisch gesund zu bleiben“, wie eine Pflegebegleiterin es formuliert, die wünscht, ungenannt zu bleiben.
Der ASB Karlsruhe verweist auf den Pflegestützpunkt als zentrale Stelle sowie auf die monatlichen Treffen für pflegende Angehörige, die Barbara Eichler, bekannt aus Beiertheim-Bulach, in der Fachstelle Leben im Alter der evangelischen Kirche leitet (siehe "Anlaufstellen, Ansprechpersonen").
ASB Karlsruhe als Wegweiser
Fabian Manske war Projekt-Initiator der ASB-Pflegebegleitenden. Seit der Pilotphase 2006 in Karlsruhe bot das beim ASB Karlsruhe angesiedelte Netzwerk Pflegebegleitung Hilfe an, um die häusliche Pflege durch Angehörige zu stärken. Seit 2015 lud das Projekt zudem regelmäßig pflegende Angehörige ins Café Auszeit in Durlach.
Der ASB Region Karlsruhe unterstützte diese Anlaufstelle personell und organisatorisch. Die daraus resultierende Erfahrung erklärt, warum die Karlsruher Samariter:innen Betroffenen bei Bedarf Wege zu anderen Stellen aufzeigen können.
„Wir danken den Förderern, mit denen wir in vertrauensvoller, stetiger Kooperation Gutes für die Menschen geleistet haben", sagte ASB-Regionalgeschäftsführer Patrick Scholder, als man das aktive Angebot der Pflegebegleitenden im April 2024 still legte. Das Seniorenbüro der Stadt Karlsruhe, die Gesetzliche Krankenversicherung und das Land Baden-Württemberg förderten das Projekt - ein „niedrigschwelliges Kontaktangebot, von Mensch zu Mensch, im Umfeld, mit freiwilligen, geschulten Kräften", wie Manske es formulierte.
Sein Resümee: Er denke gerne zurück, sagte Manske, „an die vielen besonderen Momente mit Angehörigen, in denen sich immer wieder gezeigt hat, welche Qualität in der Begegnung auch bei solch schwierigen Themen möglich ist“. Und er fügte hinzu: „Da ist auf einmal ganz viel im Raum, was auf den ersten Blick herausfordernd wirkt, aber von Mensch zu Mensch verbindet."
Blick zurück im Dank
„Ich bin", sagte Manske bei Stilllegen des aktiven Angebots 2024, "den vielen Ehrenamtlichen, mit denen ich seit 2010 zusammenarbeiten durfte, unendlich dankbar für die Energie, die sie in beispielhaftes nachbarschaftliches Engagement gesteckt haben.“ Wer sich einbrachte, habe ein inspirierendes Miteinander im Team erlebt, hieß es immer wieder. „Zuletzt jedoch“, sagt Manske jetzt, „gab es auf unsere verschiedentlichen Aufrufe zur ehrenamtlichen Mitarbeit keinen Widerhall mehr“.
„Schweren Herzens“, so Projekt-Initiator Fabian Manske, legte man das aktive Angebot der Pflegebegleitenden still. Der ASB Karlsruhe bedauerte dies in einer Mitteilung an die Öffentlichkeit. Das Seniorenbüro der Stadt Karlsruhe mit der Stadtteilkoordination war informiert, die Förderung war Ende 2023 ausgelaufen, für 2024 keine neue beantragt worden.
Manske sprach ebenfalls mit Judy’s Pflug in Durlach, seit 2019 Gastgeber des ASB-eigenen Formats „Café Auszeit“, und sagte: „Wir haben uns auch hier bei unseren Austauschen sehr wohl gefühlt.“ Zu diesem offenen Treff luden die Karlsruher ASB-Pflegebegleitenden schon seit 2014 regelmäßig ein. Ergänzt wurde dieses monatliche Angebot durch eine wöchentliche Telefon-Sprechstunde.
"Gute Pflege kann nur erbracht werden, wenn es der pflegenden Person gut geht.“
Fabian Manske zum Wert der Selbstfürsorge | "Durlach Aue spricht", Podcast mit Deniz Tóth (Episode 5 vom 27.05.2021)
Als von November 2020 bis Frühjahr 2021 pandemiebedingt kein offener Monatstreff mehr stattgefunden hatte, erhielten pflegende Angehörige, die mit Mail-Adressen bekannt waren, die Einladung zu einem digitalen Treffen: Der Treff für pflegende Angehörige, sonst einmal monatlich in Judy‘s Pflug zu Gast, verteilte sich mit kostenlos bereitgestellter App zum ersten Mal auf die Wohnzimmer, auf PCs und mobile Endgeräte.
Die Telefon-Sprechstunde wurde in Absprache mit dem Pflegestützpunkt / Seniorenbüro der Stadt Karlsruhe im April 2020 für die Dauer der Pandemie auf tägliche Präsenz ausgeweitet.
Anlaufstellen, Ansprechpersonen und Publikationen für pflegende Angehörige
Information und Beratung für gesetzlich Versicherte
| Stadt Karlsruhe, Sozial- und Jugendbehörde, Fachbereich Soziales und Teilhabe, Pflegestützpunkt:
Pflegestützpunkt
Ernst-Frey-Straße 10 | 76135 Karlsruhe | Tel. 133-5513
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- Broschüre „Angebote für pflegende Angehörige“ zum Download unter www.karlsruhe.de/pflege
- Angebote rund ums Thema Älterwerden: www.karlsruhe.de/senioren
| Evangelische Kirche & Diakonisches Werk Karlsruhe
Fachstelle Leben im Alter
Karlstr. 56 | 76133 Karlsruhe | Tel. 20397-192
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- Angebote und Ansprechpersonen unter www.leben-im-alter.net
| Edukatives Ethno Zentrum Karlsruhe e.V.
Projekt-Initiatorinnen Fr. Gaspar, Fr. Stuckert
Leipziger Allee 32 | 76139 Karlsruhe | Tel. 3542996
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Information und Beratung für privat Versicherte
| compass private pflegeberatung GmbH
Gustav-Heinemann-Ufer 74c, 50968 Köln | Tel. 0800 1018800
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- Beratungsangebote unter www.compass-pflegeberatung.de
"Zuhören, hinschauen, mitdenken, etwas leichter machen – wenn auch der andere etwas dafür tut, sich öffnet.“
Ursula Gindner zur Aufgabe als Pflegebegleitende | Broschüre des Stadtseniorenrats „Senioren im Fächer“ (Nov. 2023)
Warum ein Begleiten sinnvoll ist ...
Die ASB-Pflegebegleitenden beobachteten in vielen Jahren Austausch mit Betroffenen immer wieder, dass Pflegende
- sich oft körperlich, seelisch und psychisch überlastet fühlen
- sich oftmals nur unzureichend informiert und beraten fühlen
- sich in ihrer Verantwortung oft alleingelassen sehen, ohne eine Möglichkeit, sich hierüber mit Anderen auszutauschen,
- es versäumen, Angebote oder Leistungen, die ihnen zustehen, in Anspruch zu nehmen - und zwar selbst dann, wenn diese von der Pflegekasse finanziert werden.
Dessen ungeachtet bestehe unvermindert der Wunsch, eine geliebte Person möglichst lange daheim versorgen zu können.
... und warum Pflegebegleitende sich einsetzen
Ursula Gindner gehörte zum Team der ASB-Pflegebegleitenden. In ihrem Stadtteil etwas zu tun, das gebe ihr etwas, sagte sie und sprach vom „Gefühl für das, was uns Menschen im Kern verbindet“.
Als Pflegebegleiterin gab sie Erfahrungen weiter, die ihr eigenes Leben prägten. Mit 62 sah sie sich durch ein für sie einschneidendes Erlebnis herausgefordert: Am Sterbebett ihres Bruders spürte sie eine ungeahnte Kraft in sich und empfand mit einem Mal das Bedürfnis, sich für andere einzusetzen: „Ich merkte, ich kann mich schwierigen Lebensthemen stellen“, sagt die ehemalige Justizsekretärin.
In ihrer freien Zeit öffnete sie als freiwillig Engagierte viele Türen, gab immer wieder Kraft und Erfahrung weiter. 2011 legte sie die Prüfung als Pflegebegleiterin beim Arbeiter-Samariter-Bund ab. Beim ASB half sie zuvor schon als Betreuungskraft aus.