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Mit 95 Jahren fit und aktiv - Erich Reetz !

Vom Absprungbalken aus dem Stand 1m20 weit in den Sand, ein Frühstück nach Camper-Manier auf dem Boden? Immer gerne, sagt Erich Reetz. Voller Lebensenergie entdeckt er auch heute die Welt, teilt seine Freude daran, auch mit uns. Er lebt im Betreuten Wohnen des ASB Am Ostring in der Karlsruher Oststadt und ist bis heute ein passionierter Athlet.

Erich Reetz | Bildnachweis: ASB Karlsruhe

Markant zieht sich sein Bart von Wange zu Wange übers Kinn. Der Mann wirkt wendig, agil. „Ich habe kein Auto, keinen Führerschein, ich fahre Fahrrad. Und ich war ja bei der Bahn“, sagt er. Die viele Bewegung hält Erich Reetz bis heute fit: „Beim Sportabzeichen bin ich jetzt in der letzten Gruppe der 90-Jährigen. Immer mittwochs. Bissele Laufen, bissele Springen“, sagt er, ganz badisch, „dann – Schleuderball“. (s. Kasten: ESG Frankonia).

Drei Schränke voller Dias mit Reise-Impressionen

Reisen in alle Welt, auf privater Basis, prägten sein Leben. Er reiste mit einem Kollegen, reiste mit seinem jüngeren Sohn. 1982 zum Beispiel: „Da sind wir mit der Transsibirischen Eisenbahn gefahren von Moskau bis Wladiwostok, mit dem Schiff weiter nach Tokio und Hongkong, dann Singapur mit Stadtbesichtigung und zurück nach Hause über Zürich.“

Je eine Elle breit und zwei Meter hoch sind die drei Schränke in der Diele, die Erich Reetz mit Dias aus der Zeit füllte, als er noch selbst fotografierte. Am Digitalen fand er keinen Gefallen mehr. Fotobücher schenkt ihm heute seine fleißige Familie. Reetz sagt, er habe alle Kontinente bereist, und entgegnet dem, der das hört und dabei die Stirn runzelt, sogleich: „Ja, auch die Antarktis.“

Über der Essecke im Wohnzimmer hängen Fotos von drei Reisezielen des Weltvermessers: das Bergmassiv des Kilimandscharo in Tansania, in der Mitte ein Panorama aus Patagonien in Südamerika, dazu eine Sanddüne in Namibia, Südwestafrika. Doch so oft es ging reiste Reetz nach Brandenburg. Auch der Rollstuhl seiner Frau stellte dabei keine Hürde für ihn dar: „Wir sind um den Grimnitzsee herum, haben uns Kuchen besorgt, unterwegs.“

Voller Neugier auch auf dem Terrain, das „altbekannt“ ist

Zuletzt war Reetz – auf Tour im Faltboot auf dem Finowkanal – fasziniert davon, „wie stark sich die Natur ans Ufer herangearbeitet hat - von den Anlagen der Eisenbahn-Industrie war nichts zu sehen. Und dann diese Stille dort! Das liebe ich. Krach machen nur die Touristen.“

Beim Ausstieg aus dem Boot habe ihm sein Enkelsohn immer wieder einmal helfen müssen, „damit ich hochkam“, gibt er zu. Zelten und Frühstücken auf der Isomatte wiederum: kein Problem, wie Fotos zeigen. Mit seiner Ortskenntnis empfiehlt er sich als Reiseführer, der für die Mark Brandenburg zahlreiche Tipps zur Hand hat.

So nahm er etwa einen Kollegen in die alte Heimat mit, der sonst auf Dänemark schwört und sein Reiseführer in Grönland war: Dem habe er vorgeschwärmt von der Region und ihm ein Buch geschenkt:

„Fontane!“ sagt Reetz und wechselt ins Berlinerische: „Der iss durch die Mark Brandenburg jelatscht und hat seine Beobachtungen aufjeschrieben.“

Begeistert spricht er selbst von der Schönheit der Welt und zeigt sich stets aufs Neue offen für Gleichgesinnte, die diese Faszination mit ihm teilen. So hätten er und der Freund Touren unternommen, seien in Templin gewesen: „Vor allem die Stadtmauer und der Marktplatz sind schön!“ Reetz könnte Abende lang erzählen.

"Wir sind viel gewandert mit den Kindern, auch in den Alpen.

Erich Reetz
| im Blick zurück

Stationen der Familie | Vor 95 Jahren wurde Erich Reetz in Joachimsthal geboren – 1927, in der historischen Landschaft Uckermark an Werbellin- und Grimnitzsee. Nach Karlsruhe brachten ihn und seine Familie 1961 der Bau der Berliner Mauer. Kurzerhand wechselte der Ingenieur von der Deutschen Reichs- zur Deutschen Bundesbahn. Der ältere Sohn besuchte die erste Klasse, der jüngere war gerade ein Jahr alt. Ingeborg Reetz, fünf Jahre jünger als ihr Mann Erich, arbeitete bis zur Geburt des ersten Sohns als Säuglingsschwester.

„Fontane!“ sagt Reetz. | Bildnachweis: ASB Karlsruhe

Familie Reetz und der ASB | 2008 wurde die Betreute Wohnanlage des Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Am Ostring erbaut. Bald nach Eröffnen zog das Ehepaar Reetz von Rintheim aus ein. Neun Jahre lang, von 2010 bis 2019, blieb es ihr gemeinsames Domizil. Ingeborg Reetz wechselte aus gesundheitlichen Gründen ins ASB-Pflegeheim. Die beiden leben so „Tür an Tür“. Das Team der Seniorenresidenz Am Ostring versorgt sie pflegerisch. Er holt sie in ihrem Rollstuhl in die Wohnung und den anliegenden Garten.

Schätzt die Nachbarschaft: Erich Reetz zeigt auf das ASB-Pflegeheim gleich nebenan. Dort kümmert sich das Team des ASB um seine Frau. | Bildnachweis: ASB Karlsruhe

Den Sekt kaltgestellt: Erich Reetz hält für Gäste, die ihm zum Geburtstag gratulieren, dieser Tage stets ein Glas bereit. | Bildnachweis: ASB Karlsruhe

Von Beruf ein sogenannter Geometer | Experte im Vermessungswesen wurde Reetz quasi aufgrund eines ärztlichen Rats. „Ich wollte mit einem Schulfreund zusammen Finanzbeamter werden, rechnen konnte ich ganz gut“, erklärt er. „Doch ich sollte möglichst viel draußen sein statt in einem Büro und sollte mich bewegen. Als Angehöriger der Reichsbahn besuchte ich die Ingenieursschule in Westberlin, seither war ich überwiegend zum Vermessen an der frischen Luft und nur im Anschluss jeweils im Büro – zum Berechnen.“

"Wald und Wasser: Das mag ich. Und die Stille - das gehört ja zusammen.​​​​​​

Erich Reetz
| über sein Naturerleben 

ESG Frankonia | Bildnachweis: ASB Karlsruhe

Erich Reetz und die ESG Frankonia | Er erwarb auch voriges Jahr, mit 94, das Sportabzeichen in Silber. Wie er das schaffte? Er sprang aus dem Stand 1m42 weit, lief die Strecke über 50 Meter in 11,9 Sekunden! 19,55 Meter erreichte er mit dem Schleuderball: Nach der Technik des Hammer Werfens wird eine Kugel, zwei Kilo schwer, an einer Schlaufe mehrmals um den Körper gedreht, auf den Platz katapultiert.

Bereits mit 17, damals in der Nähe von Berlin, absolvierte Erich Reetz das Sportabzeichen, 64 Mal seither insgesamt. Seine Kladde, klein, grün, mit den Nachweisen darüber quillt über. Selbst sein Ordner mit dem unscheinbaren Aufkleber „Berufsleben“ und den Andenken an seine Tätigkeit als Vermessungsingenieur ist weniger dick.